Lübecker Jugendliche interviewen Stammapostel

(14.08.2012) Bad Schwartau. Einen Tag bevor Stammapostel Wilhelm Leber einen Gottesdienst in Lübeck feierte, besuchte er am 11. August die Jugend der Neuapostolischen Kirche Lübeck. In der Kirche Bad Schwartau beantwortete er persönliche Fragen sowie Glaubensfragen. Themen waren unter anderem der Alltag des Stammapostels, seine Reisen, die Zukunft der Jugend und die globale Entwicklung der Neuapostolischen Kirche.

Mehr als 150 Jugendliche empfingen das geistliche Oberhaupt der Neuapostolischen Kirche. Erfreut zeigten sich die Jugendlichen auch über die weiteren Gäste: Zusammen mit Stammapostel Leber reisten Bezirksapostel Rüdiger Krause und alle Apostel und Bischöfe aus Norddeutschland an sowie die Apostel Wolfgang Eckhardt (Süddeutschland), Manuel Luiz (Portugal) und Rainer Storck (Nordrhein-Westfalen).

Drei jugendliche Christen stellten dem Stammapostel ausgewählte Fragen, die die Jugend des Bezirks Lübeck einige Wochen zuvor zusammengetragen hatte. Hier ein Auszug der Fragen und Antworten:

Stammapostel Leber, herzlich willkommen in Bad Schwartau. Diese Kirche besuchen Sie nun zum ersten Mal, etliche andere Kirchen und Gemeinden kennen Sie schon. Welche ist Ihre Lieblingsgemeinde?

Grundsätzlich fühle ich mich dort wohl, wo Glaubensgeschwister sind. Aber es gibt auch Gegenden, wo ich mich besonders gerne aufhalte, zum Beispiel in Sambia. Allein die Chöre der Gemeinden in Sambia zu hören, das ist schon ein tolles Erlebnis. Dennoch: Die eine Lieblingsgemeinde, die gibt es nicht.

Ob in Sambia, Deutschland oder anderswo: Warum predigen in der Neuapostolischen Kirche ausschließlich Männer? Ist es denkbar, dass zukünftig auch Frauen predigen?

Es ist durchaus denkbar und es gibt keinen Grund zu sagen, dass Frauen das nicht können. Ausschließen möchte ich das also nicht. Andererseits ist es eine Tradition, die darauf gegründet ist, dass Jesus selbst nur Männer zu Aposteln berufen hat. Heute wird das natürlich kritischer gesehen, denn damals gab es ganz andere gesellschaftliche Verhältnisse und kulturelle Prägungen. Diesbezügliche Veränderungen haben erst spät stattgefunden. Und weltweit gäbe es in unseren Gemeinden immer noch Widerstände. Daher: Dies umzusetzen, ist nicht ganz so einfach. Als internationale Kirche müssen wir entsprechend sensibel sein.

Sie selbst predigen sehr oft und feiern seit mehr als 36 Jahren Gottesdienste. Sind Sie vor Beginn eines Gottesdienstes noch nervös?

Nervös nicht, aber angespannt. Und ich denke, dass muss auch so sein. Ja, angespannt bin ich vor jedem Gottesdienst – ganz gleich, ob ich vor 100 Gemeindemitgliedern predige oder, wie zu Pfingsten, vor mehreren Millionen Christen.

Wiegt die Predigt eines Apostels mehr als die eines Priesters?

Entscheidend ist vor allem der Glaube desjenigen, der die Predigt eines Apostels oder Priesters hört: Ob er sie im Glauben aufnimmt oder nicht – das liegt in seiner Hand. Trotzdem ist es so, dass das Apostelamt für die Neuapostolische Kirche das zentrale Amt ist, weil mit ihm bestimmte Vollmachten einhergehen, zum Beispiel die Spendung der Gaben des Heiligen Geistes. Aber: Die Priester und alle anderen Amtsträger arbeiten in enger Verbindung mit dem Apostelamt und werden vom Apostel berufen. Insofern kann man nicht sagen, dass die Predigt eines Priesters weniger Gewicht hätte.

In Lukas 18,8 heißt es: „Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?“ Wie ist dieses Wort zu verstehen? Ist daraus abzuleiten, dass Jesus Zweifel hat bei seiner Wiederkunft Glauben zu finden?

Ich glaube nicht, dass er Zweifel gehabt hat. Ich glaube, er wollte mit dieser Frage aufrütteln. Die Frage ist: Wird Jesus bei dir und mir Glauben finden? Jeder möge sich anschauen und fragen, wie es mit seinem Glauben aussieht: Kann ich wirklich vor Gott bestehen? Ist mein Glaube fest und stark genug? Diese Fragen sollten wir uns in diesem Zusammenhang stellen.

Hatten Sie eine Zeit in Ihrem Leben, in der Sie an Gott gezweifelt haben?

Es gab Situationen, in denen ich Glaubenskämpfe hatte, ohne Frage. An Gott gezweifelt habe ich aber nie.

Machen Sie sich Sorgen um die Kirche, wenn sich die Verheißung der Wiederkunft Jesu nicht bald erfüllt?

Ja, ich mache mir Sorgen, weil ich als Stammapostel Verantwortung trage. Aber die Sorge geht bei mir nicht so weit, dass sie mich erdrückt. Sie wird nie Überhand nehmen, denn ich vertraue voll und ganz auf Gott. Er kennt die Verhältnisse, er weiß, wie die Entwicklungen aussehen. Und er kann sie ändern, er kann eingreifen – das liegt in seiner Macht. Die Verhältnisse können ganz schnell gewendet werden. Also: Vertrauen wir ihm!

Sie fliegen in wenigen Tagen nach Kanada. Dabei sind Sie erst ein paar Tage in Deutschland und waren zuvor in Südafrika. Wie viele Reisen unternehmen Sie im Jahr?

Ich unternehme jährlich bis zu 50 Reisen. 15 davon sind Fernreisen, also außerhalb Europas.

Wie viel Zeit bleibt Ihnen für Hobbys?

Nun, die Zeit ist ein wenig eingeschränkt. (lacht) Aber ein bisschen Zeit nehme ich mir. Ich arbeite dann zum Beispiel gerne im Garten oder besuche ein Orgelkonzert.

Ist es manchmal eine Belastung, Stammapostel zu sein?

Lassen Sie es mich so sagen: Alle Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, müssen damit rechnen, dass sie angegriffen werden. Das ist in meinem Fall nicht anders. Und solange die Angriffe und Kritik sachlich bleiben, ist das auch in Ordnung. Ich bin immer offen für sachliche Auseinandersetzungen. Wenn es aber unsachlich und unfair wird, dann macht mir das zu schaffen.

Freuen Sie sich auf Ihren Ruhestand?

Da gebe ich eine ganz kurze Antwort: Ja!

Nach dem großen Erfolg des neuapostolischen Europa-Jugendtages 2009: Sind weitere Großveranstaltungen geplant?

Ja, die nächste vergleichbare Großveranstaltung ist der Kirchentag 2014 in Süddeutschland. Und sicherlich wird es beizeiten auch wieder einen großen Jugendtag geben.

Wie stellen Sie sich die zukünftige Jugend der Neuapostolischen Kirche vor? Und was raten Sie der Jugend heute?

Die Jugend hat verstärkte Bildungschancen. Das unterstützen wir und freuen uns, wenn das von den Jugendlichen wahrgenommen wird. Das geht natürlich auch ein bisschen einher mit Kritik, aber im guten Sinne: Es werden immer mehr Fragen gestellt. Und das wird auch in Zukunft so sein. Was ich außerdem beobachte, was mir aber Sorgen bereitet: Die Jugend hat nicht so eine enge Bindung an die Kirche wie die Generationen davor hatten. Sie sieht beispielsweise nicht immer die Notwendigkeit, jeden Gottesdienst zu besuchen. Das ist eine Gefahr. Ich rate dazu, alle Gottesdienste zu besuchen, aber auch weitere Angebote der Kirche zu nutzen – es lohnt sich, denn es geht um das ewige Leben.

 

Text und Fotos: Björn Renz

Fragen: Jugend Bezirk Lübeck