„Wir sind noch dabei,
vieles auf den Weg zu bringen“

Am Montag, 24. April 2017, erschien der erste Teil des Interviews mit Bischof Novicic, Verwaltungsleiter der Neuapostolischen Kirche Nord- und Ostdeutschland. Er berichtete von der damaligen Entscheidung für die Aufgabe als Verwaltungsleiter und seinen bisherigen Erfahrungen. Bischof Novicic sieht in seiner Tätigkeit eine Lebensaufgabe und arbeitet gerne in der Verwaltung. Doch wie sieht sein Arbeitsalltag aus, wie geht er mit Konflikten um und wie wirkt sich die Fusion auf seine Tätigkeit aus? Das erfahren Sie im zweiten Teil des Interviews.

Was machen Sie als erstes, wenn Sie in die Verwaltung kommen?

In der ersten halben Stunde mache ich morgens meinen Begrüßungsrundgang durch das Verwaltungsgebäude. Ich möchte mir den persönlichen Kontakt zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufrechterhalten und intensivieren. Oft stelle ich fest, dass es Fragen gibt, die sofort geklärt werden können, seien es administrative oder auch persönliche Angelegenheiten. Für die Offenheit und für das Vertrauen bin ich sehr dankbar. Danach komme ich zu meiner eigentlichen Arbeit, gehe an meinen Schreibtisch, telefoniere viel, beantworte E-Mails oder bin in Besprechungen.

In der Neuapostolischen Kirche gibt es viele Projektgruppen, die sich meist abends treffen und sich größtenteils aus ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammensetzen. Wie sind dann die Bürozeiten gestaltet?

Die Bürozeiten sind festgelegt und unabhängig davon, wann und wo die unterschiedlichen Projektgruppen zusammenkommen oder Besprechungen stattfinden. Um circa 19 Uhr oder 19.30 Uhr beginnen in der Regel die Treffen - meist in unserer Kirchenverwaltung in Hamburg, weil wir vor Ort ideale Arbeitsräume anbieten können.

Es gibt sicher Situationen, da werden Sie mit unangenehmen Angelegenheiten konfrontiert, zum Beispiel Konflikte zwischen Mitarbeitern oder dass eine Person seine Aufgaben nicht so erfüllt, wie sie sollte. Wie gehen Sie mit diesen Themen um?

Zum Glück kommen diese Situationen nicht so häufig vor. Es geht einem immer sehr nahe, wenn man anderen Unangenehmes mitteilen muss. In meiner vorherigen Tätigkeit ging mir das natürlich auch nicht leicht von der Hand, wenn solche Dinge angesprochen werden mussten. Allerdings müssen, sowohl in einer Firma als auch in einer Kirchenverwaltung, klare Verhältnisse geschaffen werden. Dann werden auch klare und deutliche Worte gefunden - aber auch so „verpackt“, dass sich die Fronten nicht verhärten, sondern wir zusammen einen gemeinsamen Lösungsweg finden.

Gab es eine kritische Situation, in der Sie dachten, das steht nun im Konflikt mit der Rolle des Seelsorgers?

Ja, solche Situationen gab es schon in der Vergangenheit. Hier habe ich zunächst versucht, den Menschen als Mitarbeiter und seine Tätigkeiten zu sehen. Wir müssen versuchen, Arbeit und Kirche, auch wenn es manchem schwer fällt, voneinander zu trennen.

Es gibt Kirchenmitglieder, die diese Situation kennen, mit Glaubensgeschwistern beruflich zu tun zu haben. Was können Sie Ihnen als Rat mitgeben?

Wenn Konflikte auftreten, ist es wichtig, dass wir ein gemeinsames Gespräch suchen, welches mit Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz geführt werden sollte.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen besonders guten Mitarbeiter aus? Ist es die fachliche Kompetenz, gute Kontakte zu den Bereichen oder ist es der feste Glaube an Gott?

In erster Linie ist es die fachliche Kompetenz und Professionalität, die einen guten Mitarbeiter auszeichnet. Das erleben wir auch in den geführten Bewerbungsgesprächen. Gute Kontakte sind schön und können von Vorteil sein, Empathie ist unverzichtbar. Wer von uns sollte allerdings den Glauben eines Einzelnen bewerten? Wir haben zum Beispiel einen Mitarbeiter in Hamburg eingestellt, der nicht neuapostolisch ist, aber einfach der beste Bewerber war und hohe fachliche Professionalität gezeigt hat. Wir haben ihn gar nicht nach seinem Glauben an Gott gefragt. Allerdings ist natürlich die Loyalität gegenüber der Kirche wichtig - die hat er in diesem Fall bis heute gezeigt. Also: Loyalität ja, aber der persönliche Glaube ist kein Kriterium, um die Arbeit in der Kirchenverwaltung aufzunehmen.

Was ist die besondere Herausforderung für die kirchliche Verwaltung, wenn man die Arbeit mit einem Unternehmen vergleicht?

Ich bin über dreißig Jahre in einem Unternehmen tätig gewesen, welches immer profitorientiert war – was wirtschaftlich gesehen auch vernünftig ist. Die Arbeit in einem Unternehmen wird häufig an Zahlen gemessen, der Mensch rückt in den Hintergrund.

Wir sind in der Verwaltung zunächst Dienstleister für die Kirchenmitglieder, für die Gemeinden und Bezirke und wollen effizient unsere Arbeit und Aufgabe ausführen.

Meine Arbeit im alten Unternehmen war auch schön, interessant und vielfältig. Aber die Verwaltungsarbeit ist einfach schöner, interessanter und vielfältiger und ich gehe darin auf. (lacht)

Wie gehen Sie mit möglicher Kritik oder Widerstand um? Die Kirchenmitglieder wissen ja, dass für die Verwaltungsarbeit Opfergelder aufgewendet werden.

Kritik hören wir als Menschen doch nicht so gern, aber es ist bestimmt auch einmal angebracht, eine Situation oder eine Arbeitsweise kritisch zu betrachten und zu hinterfragen.

Unser Bezirksapostel sowie unsere Apostel gehen sehr gewissenhaft mit den Opfergeldern um und überlegen sehr genau, was zu tun und was zu lassen ist. Diese Gedanken versuchen wir uns auch eigen zu machen und ich stelle fest, es gelingt auch. Wir sind auf einem sehr guten Weg.

Wissen Sie, wie diese Reaktionen zustande kommen?

Das liegt möglicherweise an einer anderen Perspektive auf die Dinge. Die Gemeinde sieht ihre Situation, möchte das eine oder andere verändert oder angeschafft haben. Bestimmt ein guter Gedanke - aber wir haben in Deutschland mittlerweile circa 430 Gemeinden zu bedenken. Wir müssen immer das Ganze sehen und haben eine Art „Solidarpackt“ geschlossen, sodass wir nicht einzelne Gemeinden bevorzugen können, sondern versuchen, alle gleichermaßen zu behandeln.

Durch die Fusion müssen Strukturen teilweise zwangsläufig durchbrochen werden. Wie gehen Sie mit den vorhandenen Strukturen der beiden ehemaligen Bereiche um, die eventuell angepasst oder auch übernommen werden?

Wir haben uns in der Vergangenheit alles genauestens angeschaut und seit Anfang 2015 in Arbeitsgruppen einen intensiven Austausch geführt. Ein großes Thema war das Vorsteherhandbuch, welches wir im alten Bereich Norddeutschland kannten. Diesen Ordner gab es in gedruckter Form und es wurden Ergänzungsseiten bei Neuerungen eingefügt. Im alten Bereich Mitteldeutschland gab es das Intranet - sehr komfortabel für die Gemeinden. Wir haben uns für diese Variante entschieden. Die Struktur wurde überarbeitet und wir konnten Hinweise, Änderungen und Empfehlungen für alle Bereiche neu einfügen. Das heißt, wir haben bis dahin wirklich geschaut, was ist gut und sinnvoll, was hat sich über die Zeit bewährt und was können wir jetzt verändern.

Die Fusion Mitteldeutschland und Norddeutschland zu unserer neuen Gebietskirche Nord- und Ostdeutschland ist dahingehend ein großer Gewinn. Wir dürfen außerdem an den verschiedenen Standorten der Verwaltungen von unseren Kolleginnen und Kollegen dazulernen und stellen fest, dass die Arbeitsprozesse auf einem guten Weg gebracht worden sind. Natürlich ist noch vieles zu verbessern – wir sind aber dran!

Wie hat sich die Fusion auf Sie persönlich in Ihrer Funktion ausgewirkt?

Ich bin froh und dankbar, dass ich das erste Jahr als Verwaltungsleiter von unserem Bezirksapostel sehr intensiv begleitet wurde. Nach der Fusion hat er nun weniger Zeit und ist seitdem öfter auf Reisen. Dementsprechend ist man in die Aufgabe hineingewachsen. Es hat mir auch sehr geholfen, dass ich von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Anfang an gut angenommen worden bin. Ich freue mich wirklich jeden Tag auf die Arbeit in der Verwaltung - vielleicht ist es für den einen oder anderen nicht vorstellbar (lacht). Es übertrifft bei weitem meine damaligen Vorstellungen, die ich mir natürlich auch nur begrenzt machen konnte. Aber ich bin bis heute sehr dankbar, dass mir unser Bezirksapostel sein Vertrauen für diese Position geschenkt hat.

Was sind denn die nächsten Ereignisse bezüglich der Fusion, die auf Sie als Verwaltungsleiter zukommen werden?

Es gibt noch viele Dinge zu ordnen, nachzuarbeiten und zu verbessern. Allein das große Arbeitsfeld IT-Infrastruktur - hier gibt es vieles zu bedenken und natürlich zu verändern. Meine Aufgabe sehe ich im Moment darin, die Abteilungen der verschiedenen Standorte, mit den Abteilungsleitern, „zusammenzuführen“. Man kann nicht erwarten, dass innerhalb eines Jahres die Fusion abgeschlossen ist.

Gibt es Dinge, auf die Sie sich besonders freuen?

Ich freue mich, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an allen Standorten zufrieden in ihrer Arbeit aufgehen. Dann gibt es natürlich viele vor uns liegende Veranstaltungen und Events mit unserem Stammapostel und Bezirksapostel, worauf ich mich besonders freue. Es bleibt einfach spannend und bereitet Freude, sich in der Verwaltung sowie im Werke Gottes einzubringen.

Hier geht es zum ersten Teil des Interviews.